Insekten nehmen eine wichtige Rolle in unserem Ökosystem ein und erweisen auch dem Menschen seit jeher einen großen Nutzen. Weltweit sind etwa 90% aller Pflanzenarten auf die Bestäubung durch andere Lebewesen angewiesen. Dafür sind mehr als 100.000 verschiedene Arten verantwortlich, von denen etwa 98 % Insekten sind – die wohl bekannteste unter ihnen ist die Biene.
Außerdem sind Insekten wie beispielsweise Fliegen, Ameisen oder Termiten für die biologische Kontrolle und die Zersetzung von Abfall verantwortlich. Der Mensch nutzt Insekten seit Jahrtausenden als Nahrungsmittel, als Vorbild für technische Innovationen und im Bereich der Medizin. Neueste Erkenntnisse zeigen, dass noch weitaus mehr Potential in Insekten steckt – so können Mehlwürmer Plastik abbauen und sich sogar in der Schwerelosigkeit des Weltalls vermehren.
Die klassische Rolle von Insekten im Ökosystem
Nahezu alle Wild- und Kulturpflanzen werden von Insekten wie Bienen bestäubt und sind damit für unsere Ökosysteme unentbehrlich. Zwar gibt es auch andere Tiere wie Reptilien, Vögel oder Fledermäuse, die zur Bestäubung beitragen, dennoch spielen Insekten die entscheidende Rolle. Eine besondere Bedeutung kommt dabei Wild- und Honigbienen zu, aber auch Käfer, Wespen, Fliegen oder Schmetterlinge leisten einen wertvollen Beitrag.
Insekten stellen durch ihre Bestäuberleistung nicht nur sicher, dass sich Pflanzen vermehren können und ihre Vielfalt erhalten bleibt. Sie sorgen zudem dafür, dass pflanzenfressende Tiere – die übrigens einen erheblichen Anteil der Artenvielfalt auf der Erde ausmachen – ausreichend Nahrung vorfinden. Auch der Mensch ist auf Bienen und andere Bestäuber angewiesen, denn sie bestäuben die meisten der landwirtschaftlich angebauten Pflanzen. Der Verlust aller Bestäuber auf der Erde würde zu Ernteausfällen von bis zu 90 % führen und die Versorgung mit Nahrungsmitteln massiv gefährden.
Neben ihrer Rolle als Bestäuber regulieren Insekten zudem Nährstoff- und Energieflüsse auf der gesamten Erde. Viele Arten fressen Nadeln oder Blätter, verdauen diese und geben den Kot ab, der dann von Mikroorganismen weiterverarbeitet wird. Die so entstehenden Nährstoffe fließen wieder in den Nährstoffkreislauf zurück. Andere Arten zerkleinern totes Holz und erleichtern so den weiteren Abbau durch Mikroorganismen. Sind Bäume geschwächt, können Insekten diese zum Absterben bringen und tragen so zur Förderung der Waldgesundheit bei. Auch der Kot und die Kadaver toter Tiere werden durch Insekten verwertet.
Zu guter Letzt dienen Insekten anderen Tieren wie Vögel, Mäuse, Eidechsen oder Frösche als Nahrung oder werden durch andere Insekten gefressen. So werden Bestände reguliert und das massenhafte Auftreten von Schädlingen verhindert. Das gilt jedoch nur in gesunden Ökosystemen – durch den Eingriff der Menschen sind bereits viele kleine und auch größere Ökosysteme aus dem Gleichgewicht geraten. In der Landwirtschaft bedient man sich deswegen häufig künstlicher Pflanzenschutzmittel.
Nutzung von Insekten durch den Menschen
Traditionelles Nahrungsmittel
Eine lange Tradition hat der Verzehr von Insekten durch den Menschen – diese waren seit jeher Teil des menschlichen Speiseplans. Weltweit ernähren sich heute etwa 2 Milliarden Menschen von Insekten, vorwiegend in Asien, Lateinamerika und Afrika. Gegessen werden mehr als 1900 verschiedene Arten. Dazu gehören neben Käferlarven, Raupen, Heuschrecken und Grillen auch Ameisen und Zikaden. In Europa ist das Essen von Insekten seit sehr langer Zeit nicht mehr verbreitet. Wenn wir aber etwas weiter zurück in die Vergangenheit schauen, finden wir zahlreiche Belege, dass sie in den alten Hochkulturen der Römer und Griechen und auch in der Frühzeit des Christentums gegessen wurden. Heute ist das nahezu vollständig in Vergessenheit geraten.
In den letzten Jahren ist das Interesse der Medien, der Lebensmittelindustrie und der Forschung am Essen von Insekten jedoch wieder gestiegen, wozu auch eine im Jahr 2013 veröffentlichte Studie der FAO, der Food and Agriculture Organisation der Vereinten Nationen, beigetragen hat. Die FAO geht davon aus, dass das Wachstum der Bevölkerung, die Verknappung von Ressourcen und die durch Viehzucht verursachten Umweltprobleme dazu führen werden, dass sowohl der Bedarf als auch die Kosten für tierisches Eiweiß stark ansteigen werden. Dazu kommt ein wachsender Bedarf an Tierfutter, der die Suche nach Futtermittelalternativen notwendig macht.
Nutzung von Insektenprodukten und Einsatz in der Medizin
Abgesehen von der Verwendung der Insekten als Nahrungsmittel macht sich der Mensch auch deren Produkte bereits seit langer Zeit zunutze. Die Produkte der Biene sind wahrscheinlich die Bekanntesten, beispielsweise deren Honig oder deren Gift. Genauso bekannt ist vermutlich auch die Seide, die durch den Seidenspinner erzeugt wird. In der traditionellen Medizin dienen Fliegenmaden der Wundsäuberung, und das Propolis der Biene wird zur Heilung verschiedener Infekte eingesetzt. Denn Propolis ist die „Apotheke der Bienen“ und wirkt antiviral, antimykotisch und antibakteriell. Propolis Lösung hilft deshalb gegen Wunden, rissige Lippen, Herpes, Akne und viele andere Exzeme. Chitin bzw. Chitosan, das aus Insekten gewonnen werden kann, wird unter anderem aufgrund seiner bakterien- und pilzhemmenden Eigenschaften in der Medizin eingesetzt. Jedem bekannt ist wahrscheinlich außerdem die Nutzung der Schildlaus als roter Farbstoff sowie die Verwendung des Schellacks als Überzugsmittel.
Die rote Schildlaus:
Die rote Schildlaus kommt traditionell aus Süd- und Mittelamerika, mexikanische Schildlaus-Pigmente waren das Haupt Exportprodukt des Spanischen Imperiums. Heute ist Peru der größte Exporteur mit einem Marktanteil von 85-90%. In Europa wird die rote Schildlaus seit 1518 verwendet. 200 Jahre lang dachte die Öffentlichkeit jedoch, die Farbe käme von Pflanzensamen. Mit der roten Schildlaus lassen sich Farben wie scharlachrot, pink und verschiedene Variationen von rot und pink herstellen. Seide und Wolle lassen sich am leichtesten färben. Die Pigmente der roten Schildlaus werden desweiteren in Lebensmitteln und Kosmetika sowie in Gemälden eingesetzt.
Insekten in der Landwirtschaft
In der Landwirtschaft werden Insekten unter anderem dazu eingesetzt, um Mist aus der Viehhaltung zu reduzieren. Zeitgleich verwandeln die Insekten den Mist in hochwertiges Futter sowie andere Produkte. Für den Abbau von Mist aus der Viehhaltung können die Larven der Black Soldier Fly (Schwarze Soldatenfliege), der Stubenfliege, des Mehlkäfers, des Getreideschimmelkäfers, des Mistkäfers oder anderer Insekten eingesetzt werden.
Auch andere Abfälle, beispielsweise organische Haushaltsabfälle, können durch den Einsatz von Insekten abgebaut werden. Die Black Soldier Fly beispielsweise verwandelt 100 kg Abfall in 20 kg Frass (Exkremente, die als Dünger verwendet werden können), 5 kg Mehl und 3,5 kg Öl. Ein Teil des Tierfutters wie Soja- oder Fischmehl könnte demnach durch Insekten ersetzt werden, die zuvor unseren Abfall verwertet haben. Als Futtermittel dürfen ganze oder gemahlene Insekten bzw. das aus Insekten extrahierte Protein bisher jedoch nur für Fische in Aquakulturen verwendet werden, die Fütterung an Hühner ist gerade in Prüfung. Extrahiertes Insektenfett hingegen darf auch an Hühner und Schweine verfüttert werden.
Der Ersatz konventioneller Futtermittel durch Insekten würde natürliche Ressourcen, natürliche Habitate und globale Fischreserven entlasten. Eine wachsende Bevölkerung, ein wachsender Bedarf an Proteinen sowie steigende Preise und eine hohe Fluktuation bei Menge und Preis für herkömmliche Futtermittel erfordert die Suche nach Alternativen. Insekten brauchen wenig Ressourcen, haben eine hohe Umwandlung in Biomasse, können mit organischen Abfällen gefüttert werden, Nährstoffe in den Nährstoffkreislauf zurückführen, die Umweltbelastung durch die Viehhaltung reduzieren und die Abhängigkeit von Soja- und Fischmehlimporten verringern.
Obwohl sie den Meisten als Schädlinge bekannt sind, können Insekten auch der biologischen Kontrolle bzw. Schädlingsbekämpfung dienen. Bei der sogenannten natürlichen Kontrolle von Schädlingen werden schädliche Tiere oder Pflanzen durch natürliche Feinde wie Insekten oder Viren dezimiert. Bekanntestes Beispiel ist hier wohl der Marienkäfer, der gezielt gegen Blattläuse eingesetzt wird. Schlupfwespen helfen bei der Bekämpfung des Maiszünslers, einem Kleinschmetterling, der zu den wirtschaftlich bedeutendsten Schädlingen an Mais gehört.
Ökologische Kreislaufwirtschaft mithilfe von Insekten
Insekten können als sogenannter Biokonverter eingesetzt werden. Die Futtermittel-, Lebensmittel- und Pharmaindustrie verwendet Inhaltsstoffe von Insekten, die auf organischen Abfällen oder Resten der Nahrungsmittelerzeugung angebaut werden. Es gibt Möglichkeiten zur Weiterverarbeitung von Insekten für verschiedenste Anwendungen in Medizin, Kosmetik oder Textilindustrie. Insekten, die auf organischen Abfällen gezüchtet werden, können für Unternehmer eine attraktive und praktikable Alternative sein. Wirtschaftliche Vorteile beim Einsatz von Insekten für die Einrichtung einer ökologischen Kreislaufwirtschaft ergeben sich vor allem in der zu erwartenden Preisstabilität, da solche Produkte kontinuierlich in gleichbleibend hoher Qualität erzeugt werden könnten. Zudem würden bisher ungenutzte Nährstoffe recycelt und einem Nährstoff- und/oder Energiekreislauf zugeführt werden, der sich zum einen an der Natur orientiert und zum anderen ganz neue Wertschöpfungsketten eröffnet.
Besonders deutlich ist jedoch der ökologische Vorteil. Dr. Philip Taylor von der Duke University: „Wenn wir 6 % der weltweiten Lebensmittelabfälle für die Insektenzucht verwenden würden, die wir dann an unsere Tiere verfüttern, könnten wir alle wild gefangenen Fische ersetzen, die derzeit an Tiere verfüttert werden.“
Insektenzucht im Weltall
Insekten können sich in Shuttles und geschlossenen Stationen in der Schwerelosigkeit des Weltraums vermehren. Somit können sie sowohl als Quelle für Proteine und andere Nährstoffe als auch als Werkzeug für das Recycling von Materialien und die Herstellung von Bodendünger dienen.
Sie sind zudem die ideale Nahrung für Astronauten: Ein in einem versiegelten Labor in Peking, China, durchgeführter Versuch ergab, dass drei Astronauten 105 Tage lang gesund und glücklich mit Mehlwürmern als Grundproteinquelle leben konnten.
Weitere Anwendungen für Insekten
Insektenchitin kann wie das Chitin aus Schalentieren in der Textilindustrie, der Medizin, der Pharmaindustrie sowie in der Lebensmittel- und Nahrungsmittelindustrie für zahlreiche Anwendungen genutzt werden.
Das aus Insekten gewonnene Insektenfett kann als neuartiger Rohstoff für die Biodieselproduktion genutzt werden. Die restlichen Komponenten der Insekten wie beispielsweise das Insektenprotein können nach der Extraktion des Insektenfetts als Proteinfutter oder Düngemittel verwendet werden.
Relativ neu ist die Erkenntnis, dass ein bestimmtes Enzym in Mehlwürmern Plastik zersetzen kann. Aktuell wird erforscht, welche Sorten an Kunststoffen durch dieses Enzym abgebaut werden können und ob die verdauten Bestandteile ungiftig sind und in den Kreislauf zurückgeführt werden können.
Insekten als Vorbild für technische Innovationen
Letztlich haben wir uns von Insekten auch Technisches abgeschaut. Werden menschliche oder technische Innovationen durch die Natur inspiriert nennt man das Bio Mimikry, Beispiele aus der Insektenwelt gibt es viele. Der Stachel der Biene zum Beispiel galt als Vorbild für unsere Spritze, Saugnäpfe sind nach den Beinenden von Käfern konzipiert und der Termitenbau galt als Vorlage für den Bau von Lüftungsanlagen.
Weiterführende Informationen
Umwelt im Unterricht – Insekten und ihre Rolle im Ökosystem
With insects towards circular economy – processing of biomass side streams and waste with insects
Bioökonomie.de – Insektenmehl als Sojaersatz im Tierfutter
Spektrum – Mehlwürmer verdauen Styropor