Maschinen, die die Arbeit bei der Getreideernte oder beim Melken von Kühen übernehmen: Was im Jahr 1800 noch Utopie war, ist heute selbstverständlich. Während Tüftler damals schon mit Erntemaschinen experimentiert haben, kam jedoch niemandem auch nur im Entferntesten in den Sinn, dass Maschinen irgendwann einmal die sensible Arbeit des Melkens übernehmen könnten.
So ähnlich verhält es sich mit unserer Nahrung: Was vor Jahrhunderten oder gar Jahrzehnten unvorstellbar war, landet heute regelmäßig auf unserem Teller. Ein gutes Beispiel ist Sushi, das bis vor einigen Jahrzehnten noch ein absolutes Nahrungstabu in Europa war.
Die Ausstellung „Utopie Landwirtschaft“, die am 09. September 2018 in Ingolstadt Premiere gefeiert hat, erzählt von vergangenen und aktuellen Visionen in Agrarwirtschaft und Ernährung. Ein Teil der Ausstellung widmet sich der Verwertung vermeintlich absonderlicher Lebensmittel wie Algen oder Insekten, die in anderen Teilen der Welt seit jeher Verwendung finden.
Ich durfte mit einigen Bildern und Informationen zu dieser Ausstellung beitragen und bin davon überzeugt, dass sie das Potential dazu hat, die Besucher zum Nachdenken anzuregen und zu zeigen, dass das Essen von Insekten längst keine Utopie mehr ist.
Von vergangenen und aktuellen Utopien
In Folge der Industrialisierung eröffneten sich der Landwirtschaft ungeahnte Perspektiven, die agrarische Utopie erlebte ihre ersten Höhepunkte. Viele der vergangenen Utopien sind heute Realität, und damaligen Bauern muss die heutige Agrarwirtschaft wie ein wahr gewordener Traum erscheinen. Doch auch die heutige Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen: die Verknappung von Ressourcen, Umweltprobleme und eine wachsende Weltbevölkerung erfordern ein Umdenken in Agrarwirtschaft und Ernährungsweise.
Die Ausstellung „Utopie Landwirtschaft“, ein Gemeinschaftsprojekt von sechs bayrischen Agrar- und Freilandmuseen, erzählt von eben diesen vergangenen und aktuellen Utopien. Neben technischen Visionen der Vergangenheit geht es auch um aktuelle Visionen: sei es der Bauernhof 4.0, die land- und tierlose Nahrungserzeugung oder die Ernährung der Zukunft.
Utopien von „paradiesischen“ Zuständen oder visionären Entwicklungen im Bereich der Nahrungssicherung haben die Menschen zu allen Zeiten bewegt – von der Sehnsucht nach dem Garten Eden bis zu den modernen Visionen einer „vertikalen Landwirtschaft“. Wie andere Utopien, so haben auch die agrarischen euphorische Hoffnungen einerseits geweckt, und sind auf der anderen Seite auf Ängste und Widerstände gestoßen. Man denke aktuell nur an die Diskussion um gentechnisch veränderte Pflanzen. Der Blick auf agrarische „Utopien“ in der Vergangenheit und Gegenwart verspricht spannende Perspektiven, denen in der gemeinsam mit fünf weiteren Museen erarbeiteten Ausstellung nachgespürt wird. Es erscheint ein umfassender Katalog. (Zitat Quelle: Bauerngerätemuseum Ingolstadt)
Insekten als Nahrung der Zukunft
Eine Station der Ausstellung widmet sich Realität gewordenen „Ernährungsabsurditäten“, wie man sie noch vor wenigen Jahrzehnten in Mitteleuropa als Utopie angesehen hätte bzw. hat. Es soll Aufklärung betrieben werden: Idealisierung, Wandel, Ideen und Fehlversuche der menschlichen Ernährung und die Umsetzung von der Utopie zur Realität.
Neben der Historie der Nahrungsweise stehen auch aktuelle Visionen im Fokus. Dazu gehört die Verwertung scheinbar absonderlicher Nahrungsmittel wie Algen und Insekten, die meist noch mit einem gewissen Ekel betrachtet werden, in anderen Ländern der Welt jedoch zum Alltag gehören.
Interessierten und Neugierigen soll ein anschaulicher, reeller und abschätzbarer Eindruck gegeben werden, dass Insekten als Nahrung für den Menschen keine Utopie mehr sind. Neben eingehenden Informationen zur Entomophagie [dem Essen von Insekten] werden aktuell auf dem Markt verfügbare Produkte aus Insekten auf einer „gedeckten Tafel“ visualisiert.
Beteiligte Museen
– Bauernmuseum Bamberger Land Frensdorf
– Freilichtmuseum Glentleiten des Bezirks Oberbayern
– Bauerngerätemuseum Ingolstadt-Hundszell
– Oberfränkisches Bauernhofmuseum Kleinlosnitz
– Museum KulturLand Ries Maihingen
– Oberpfälzer Freilandmuseum Neusath-Perschen
Die Ausstellung wird zunächst vom 09. September bis zum 31. Oktober im Bauerngerätemuseum Hundszell zu sehen sein. Weitere Ausstellungsdaten werden noch veröffentlicht.
Die Öffnungszeiten des Bauerngerätemuseums Hundszell sind:
Dienstag bis Freitag: 9-12 Uhr
Sonn- und Feiertage: 14-17 Uhr