Heute gehören Fisch und Fleisch in den meisten Ländern zu den wichtigsten Proteinlieferanten. Studien belegen, dass sich der Bedarf an tierischem Eiweiß zwischen 2000 und 2050 durch den Anstieg der Weltbevölkerung mehr als verdoppeln wird. Die Grenzen der Fisch- und Fleischproduktion werden dann lange erreicht sein. Wir brauchen also alternative Proteinquellen, um zukünftige Bedarfe zu decken. Neben pflanzlichen Alternativen und in-vitro Fleisch gehören auch Insekten dazu.
Herkömmliche Proteinquellen können den Bedarf nicht decken
Laut FAO, der Food and Agriculture Organisation der vereinten Nationen, nimmt die Fleischproduktion heute bereits 70% der Agrarflächen weltweit ein. Diese verdrängen Wälder und zerstören den Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen. In Folge verändern sich regionale Ökosysteme und langfristig auch unser Klima. Dung und Urin der Nutztiere führen zu einer hohen Belastung mit Ammoniak und zu einer Verunreinigung des Grundwassers mit Toxinen, Nährstoffen und Krankheitserregern. Die durch Viehzucht entstehenden Treibhausgase sind mit verantwortlich für die Klimaerwärmung, der Bedarf an Ressourcen wie Futter und Wasser ist enorm hoch. Es gilt in der Wissenschaft als anerkannt, dass die Fleischproduktion nicht effektiv genug ist, um den Bedarf zukünftiger Generationen zu decken – die natürlichen Ressourcen der Erde reichen dafür nicht aus.
Auch die Fischproduktion ist in den letzten Jahren stark angestiegen und erfordert eine wachsende Menge an Futtermitteln. Diese bereitzustellen hat die gleichen negativen Auswirkungen auf unsere Umwelt wie die Bereitstellung von Futtermitteln für die Viehzucht. Die Weltmeere sind größtenteils überfischt und entziehen bereits heute vielen Menschen die Nahrungsgrundlage. Es werden also Alternativen benötigt, um zukünftige Generationen mit ausreichend Protein zu versorgen.
Mögliche Alternativen zu Fleisch und Fisch
Zu den wichtigsten pflanzlichen Proteinquellen gehören Algen und Sojaprodukte wie Tofu oder Tempeh. Der menschliche Körper kann jedoch durchschnittlich mehr Körpereiweiß aus 100 Gramm tierischem Protein bilden als aus 100 Gramm pflanzlichem Protein. Eine tierische Proteinquelle zu finden erscheint somit durchaus sinnvoll.
Aktuell gibt es Forschungen zur Züchtung von Fleisch aus Stammzellen, dem sogenannten in-vitro Fleisch. Dieses könnte in Zukunft das Fleisch ersetzen, das wir heute durch die traditionelle Viehzucht erhalten. Klarer Vorteil dieses Verfahrens ist die Vermeidung von Massentierhaltung und Tierleiden. Allerdings ist unklar, ob die Viehzucht tatsächlich reduziert werden könnte oder weiterhin erforderlich wäre. Das aktuelle Verfahren beruht zudem auf der Entnahme von Zellen aus lebenden Tieren, die darunter leiden könnten. Inwieweit sich die Herstellung von in-vitro Fleisch positiv auf die Umwelt auswirken könnte kann bisher nicht eindeutig benannt werden, da es noch kein Verfahren zur Massenproduktion gibt. Auch die gesundheitlichen Risiken sind nicht abschätzbar. Zum einen kann in-vitro Fleisch aktuell nur unter Einsatz von Antibiotika hergestellt werden. Zum anderen handelt es sich um ein Genmanipulation, deren Auswirkung auf unseren Körper nicht bekannt ist. Letztendlich stellt sich natürlich noch die Frage, ob es moralisch vertretbar ist, gezüchtete Zellen zu essen.
Der hohe Gehalt an qualitativ hochwertigem Protein und essentiellen Aminosäuren hat Insekten als Alternative zu Fleisch und Fisch immer mehr in den Fokus der Forschungen gerückt. Laut FAO können Insekten zur weltweiten Nahrungs- und Futtermittelsicherheit beitragen. Das beinhaltet sowohl die Deckung des weltweiten Bedarfs als auch die Schonung natürlicher Ressourcen. Denn die Insektenzucht benötigt weniger Futtermittel und Wasser als die Viehzucht, verursacht weniger Treibhausgase und erfordert weniger Landfläche. Weltweit wird deshalb an Technologien für die Massenproduktion gearbeitet, zudem werden rechtliche Grundlagen für die Aufzucht und den Vertrieb geschaffen und Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit formuliert.
Einführung von Insekten als Lebensmittel
Bevor Insekten in großen Mengen gezüchtet, verarbeitet und verkauft werden können, müssen noch einige Hürden überwunden werden. Neben der Entwicklung geeigneter Technologien sind noch Fragen zur Lebensmittelsicherheit und zur Rechtslage zu klären. Mit diesen Fragestellungen beschäftigen sich heute bereits zahlreiche Institutionen und Unternehmen.
Rechtslage zum Verkauf von Insekten
Bis Ende 2017 befand sich der Verkauf von ganzen Insekten in Deutschland noch in einer Grauzone. Gemahlene Insekten oder Insektenteile zu verkaufen, war verboten. Innerhalb der EU konnte man lediglich in Belgien, in den Niederlanden und seit 2017 auch in der Schweiz ganz offiziell in den Genuss von Insekten kommen.
Am 01.01.2018 trat eine neue EU Verordnung in Kraft, die Insekten als Lebensmittel offiziell erlaubt. Für jede Insektenart muss nun ein offizieller Antrag bei der EU gestellt werden. Diese entscheidet meist innerhalb weniger Monate über den Antrag. Wurde eine Insektenart genehmigt, dürfen sowohl ganze Tiere als auch Teile davon verkauft werden. Dass auch Teile von Insekten verkauft werden dürfen ist deshalb so interessant, weil wir uns viel einfacher an Produkte mit Insektenmehl gewöhnen können als an ganze Insekten.
Die neue EU-Verordnung wird also nach und nach eine Legalisierung des Verkaufs von Insekten zur Folge haben. Einer Studie des Bundesinstituts für Risikoforschung (BfR) zufolge ist das Marktpotential groß: 10% aller deutschen Bürger wären bereit, regelmäßig Insekten zu essen. 30% würden Insekten zumindest einmal probieren. Das Marktpotential ist also vorhanden, weshalb bereits heute viele junge Start-Ups in den Startlöchern stehen.
Lebensmittelsicherheit
Im Bereich der Lebensmittelsicherheit sind weitere Forschungen zu möglichen Allergien erforderlich. Inhaltsstoffe und Nährwerte verschiedener Arten müssen erfasst und dokumentiert werden, zudem sind Möglichkeiten zu Lagerung, Transport und Zubereitung zu formulieren. Zwar ist erwiesen, dass die Übertragung zoonotischer Infektionen auf den Menschen weitaus geringer ist als bei Nutztieren, dennoch sind weitere Forschungen auf diesem Gebiet notwendig.
Technologie
Bevor Insekten im industriellen Maßstab gezüchtet werden können, ist die Entwicklung geeigneter Technologien erforderlich. Ziele sind dabei nicht nur eine effiziente und kosteneffektive Züchtung, sondern auch die Gewährleistung sicherer und hygienischer Bedingungen in allen Stadien der Aufzucht. Aktuelle Betriebe, wie die in den Niederlanden oder in Belgien sind Vorreiter auf diesem Gebiet. Neue Prozesstechnologien wie die Kochextrusion oder die Mikrowellentrocknung machen die Verarbeitung der Produkte immer profitabler.
Weiterführende Informationen
Die Welt – Die Zukunft des Essens
BFR – Insekten als Lebens- und Futtermittel – Nahrung der Zukunft?
Neue EU Verordnung: Insekten auf dem Teller
Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Insekten essen habe ich euch unter Insekten FAQ zusammengetragen.
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