Die Frage, die sich die meisten wahrscheinlich stellen, wenn sie das erste Mal vom Insekten essen hören, lautet: Warum soll ich denn überhaupt Insekten essen? Haben wir nicht genug Nahrungsmittel, die zudem noch gut schmecken? Diese Frage lässt sich sehr einfach beantworten: Auch Insekten schmecken sehr gut und sind darüber hinaus auch noch extrem gesund und nachhaltig.
Insekten essen als neuer Trend
Vor ein paar Jahren kannten die Meisten essbare Insekten nur als Mutprobe im Lolly, aus dem Dschungelcamp oder von Reisen in andere Länder. Insekten essen als normaler Bestandteil unserer Ernährung? Unvorstellbar. Mittlerweile züchten viele Farmer in Europa essbare Insekten, und sie sind seit Anfang 2018 in der EU als Lebensmittel erlaubt. Neben Insekten zum Kochen gibt es schon eine Menge fertiger Produkte zu kaufen, zum Beispiel Riegel, Schokolade, Nudeln mit Insektenmehl, Chips oder fertig zubereitete Insekten als Snack. Die Berichte und Reportagen über das Essen von Insekten und den Vorteilen für Gesundheit und Umwelt häufen sich. In einigen Restaurants werden Gerichte mit Insekten angeboten, und auch ein Start-Up für Insekten-Burger steht in den Startlöchern.
Aus dem Nischenprodukt wird langsam ein neuer Trend. Ob dieser Trend anhält oder wieder versiegt hängt davon ab, wie sich der Markt entwickelt und ob wir uns daran gewöhnen, Insekten zu essen. Es gibt aber auch einen anderen Faktor, der einen großen Einfluss auf die Entwicklung haben wird: Durch den Anstieg der Weltbevölkerung sind wir dazu gezwungen, neue Proteinquellen zu finden. Neben bestimmten Pflanzen und künstlich hergestelltem Fleisch gehören auch Insekten zu den aktuellen Favoriten. Ob Insekten Teil unserer Ernährung werden ist also auch eng damit verknüpft, wie wir den Bedarf an Proteinen in Zukunft decken können.
Welche Vorteile das Essen von Insekten hat
Insekten zu essen ist eigentlich nichts Besonderes. In vielen Regionen der Welt gehört das zum Alltag, der Ekel vor ihnen existiert gar nicht. Weltweit ernähren sich heute etwa 2 Milliarden Menschen von Insekten, vorwiegend in Asien, Lateinamerika und Afrika. Gegessen werden mehr als 1900 verschiedene Arten. Dazu gehören neben Käferlarven, Raupen, Heuschrecken und Grillen auch Ameisen und Zikaden. In Europa ist das Essen von Insekten seit sehr langer Zeit nicht mehr verbreitet. Wenn wir aber etwas weiter zurück in die Vergangenheit schauen, finden wir zahlreiche Belege, dass sie in den alten Hochkulturen der Römer und Griechen und auch in der Frühzeit des Christentums gegessen wurden. Heute ist das nahezu vollständig in Vergessenheit geraten.
Das Interesse an Insekten nimmt stetig zu
In den letzten Jahren ist das Interesse der Medien, der Lebensmittelindustrie und der Forschung am Essen von Insekten wieder gestiegen, wozu auch eine im Jahr 2013 veröffentlichte Studie der FAO, der Food and Agriculture Organisation der Vereinten Nationen, beigetragen hat. Die FAO geht davon aus, dass das Wachstum der Bevölkerung, die Verknappung von Ressourcen und durch Viehzucht verursachte Umweltprobleme dazu führen werden, dass sowohl der Bedarf als auch die Kosten für tierisches Eiweiß stark ansteigen werden. Dazu kommt ein wachsender Bedarf an Tierfutter, der die Suche nach Futtermittelalternativen notwendig macht.
Seit 2003 beschäftigt sich die FAO deshalb mit der Frage, wie wir den steigenden Bedarf an Proteinen in Zukunft decken können. In ihrer Studie „Edible Insects – Future prospects for food and feed security“ zeigt sie auf, dass die Nahrungs- und Futtermittelsicherheit durch den vermehrten Verzehr von Insekten erheblich verbessert werden kann. Sie führt dabei umweltrelevante, gesundheitliche und soziale Vorteile auf.
Insekten sind gesund
Zunächst sind da die gesundheitlichen Vorzüge, die nicht zu verachten sind. Insekten enthalten qualitativ sehr hochwertiges Protein, sind zudem reich an ungesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen und Mikronährstoffen. Das bedeutet, dass sie unsere Nahrung aufwerten können und zudem eine tolle natürliche Proteinquelle für sportlich aktive Menschen sind.
Insekten sind nachhaltig
Da Insekten Kaltblüter sind, haben sie eine sehr hohe sogenannte Futterverwertungseffizienz. Das bedeutet, dass sie im Vergleich zu Warmblütern wenig Energie für die körpereigenen Funktionen benötigen. Deshalb können sie aus der gleichen Menge Nahrung viel mehr Energie in Körpermasse umwandeln als Nutztiere wie Hühner, Schweine oder Rinder. Diese brauchen für die Herstellung von 1kg Körpermasse im Durchschnitt etwa 6kg Futter, Insekten nur etwa 2kg. Die verwertbare Masse, also der durch den Menschen essbare Anteil, ist bei Nutztieren außerdem viel geringer. Neben dem geringeren Bedarf an Futter benötigt die Insektenzucht auch weniger Wasser und Landfläche und verursacht weniger Treibhausgase.
Insekten zu essen ist ethisch und sozial
Insektenzucht kann auf kleinstem Raum erfolgen und erfordert geringen technischen und finanziellen Aufwand. Das bedeutet, dass auch sehr arme Bevölkerungsschichten Insektenzucht betreiben und so ihren Lebensunterhalt verdienen können. Sie können alternativ auch in der Wildnis gesammelt werden, und ihre Weiterverarbeitung ist relativ einfach. Auch wenn wir dafür vorgesehen sind, tierische Produkte zu uns zu nehmen, haben wir doch eine große Verantwortung Tieren gegenüber. Nach aktuellem Kenntnisstand empfinden Insekten keinen Schmerz, da sie nicht über die dafür notwendigen Schmerzrezeptoren verfügen. Zudem entspricht die Aufzucht in einer Kolonie ihren natürlichen Lebensbedingungen. Am Ende ihres natürlichen Lebenszyklus werden sie dann schonend eingefroren – Stunden bevor sie erfrieren schlafen sie durch die Kälte ein.
Insekten sind doch ekelhaft – oder nicht?
Vermutlich ekeln sich die Meisten von euch aber bei dem Gedanken, Insekten zu essen. Warum eigentlich? In Europa hat die Domestizierung von Säugetieren bereits vor langer Zeit Insekten vom Speiseplan verdrängt. Durch die Verstädterung wurden sie zunehmend als Ungeziefer und Überträger von Krankheiten wahrgenommen. Aufgrund des großflächigen Anbaus von Lebensmitteln haben sie zudem als Schädlinge Einzug in die Köpfe der Menschen gefunden. Der Ekel, den wir bei dem Gedanken verspüren, Insekten zu essen, ist aber nicht angeboren. Als Baby schauen wir uns von den Eltern ab, was ekelhaft ist und was nicht, und das hängt eben davon ab, auf welchem Teil der Erde und in welche Gesellschaft wir hinein geboren werden.
Können wir den Ekel vor Insekten überwinden? Ich bin der Meinung: Ja, es ist möglich. Grillen beispielsweise werden als ein gutes „Einstiegsinsekt“ bezeichnet, da wir mit ihnen weder Krankheiten noch Ungeziefer verbinden. Im Gegenteil, sie erinnern uns an Urlaub und warme Sommernächte. Auch Mehl- oder Buffalowürmer sind gut für „Neulinge“ geeignet. Besonders interessant ist Insektenmehl – hier dürfte die Überwindung bei den Meisten am Niedrigsten sein.
Weiterführende Informationen
Insects for Food and Feed – FAO
Der Beitrag von Insekten zu Nahrungssicherung, Lebensunterhalt und Umwelt – FAO
Die Welt – Die Zukunft des Essens
BFR – Insekten als Lebens- und Futtermittel – Nahrung der Zukunft?
Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Insekten essen habe ich euch unter Insekten FAQ zusammengetragen.
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Titelbild-Quelle: „Christine – stock.adobe.com“